Heeressportlerin Laura Stigger gewährt Einblicke in ihr Leben als Profi-Mountainbikerin

Am Ende stehen vier Weltcupsiege! Die Haiminger Mountainbikerin Laura Stigger vom Team Specialized Racing kann somit zufrieden Bilanz über das Jahr 2023 ziehen. Selbstverständlich richtet die Heeressportlerin ihren Fokus inzwischen schon wieder auf das kommende Jahr, in dem sportlich einige Höhepunkte am Programm stehen. Wir sprachen mit der Profisportlerin.

Du bist seit 2007 mit dem Mountainbike unterwegs. Wie ist es dazu gekommen, dass du schon in so jungem Alter derart fasziniert von diesem Sport warst?

Ich hab’ damals immer die Nachbarsbuben bei mir zu Hause vorbei flitzen gesehen. Und das wollte ich dann auch unbedingt probieren. Der Osterhase brachte mir sozusagen mein erstes Bike. Getaugt hat’s mir dann sofort.

An welchem Punkt war klar, dass du das Ganze nicht nur als Hobby siehst und betreiben willst?

Das war ein Prozess. Anfangs fuhr ich rein zum Spaß, dann stellten sich nach und nach gute Ergebnisse ein. Und irgendwann war natürlich mein Ehrgeiz geweckt, der Spaß immer noch vorhanden. Das ist dann eine gute Voraussetzung. Aber letztlich waren es viele Dinge, die es mir ermöglicht haben, den Sport letztlich professionell zu betreiben.

Der Profisport begleitet dich schon seit jungen Jahren und hat sicher viel deiner Zeit in Anspruch genommen. Wie stellt man sich die Jugendjahre einer Spitzensportlerin vor? Hast du das Gefühl, dass du auf vieles verzichten musstest?

Gleich zur letzten Frage: Nein, überhaupt nicht! Ich durfte immer das tun, was ich am liebsten mache: Bewegung in der freien Natur. Ich wurde nie zu etwas gezwungen, sondern es war mein  eigener Antrieb, jedes Training war ein großer Spaß. Natürlich musst du, wenn du erfolgreich sein willst, viel Zeit in den Sport investieren. Mit der Schule ließ es sich immer gut vereinbaren. Am Sport-BORG in Innsbruck, das ich besucht habe, wird Rücksicht auf die sportlichen Aktivitäten genommen. Wichtig war, frühzeitig die richtige Balance zwischen Training und Regeneration zu finden. Da war natürlich stets mein Trainer Rupi Scheiber mein wichtigster Ansprechpartner. Und ich hatte von Anfang an die volle Unterstützung meiner gesamten Familie, wofür ich unendlich dankbar bin.

Und wie schaut’s heute aus? Wie schaut ein Tag, eine Woche, eine Saison für dich aus? Wie dürfen wir uns den Tagesablauf im Profi- Radsport vorstellen?

Natürlich schauen wir uns die jeweilige Saison im Voraus an. Aber so exakte Pläne gibt es da nicht. Im Radsport ist es wichtig, in der Belastungssteuerung flexibel zu bleiben. Das heißt, dass dann auch kein Tag dem anderen gleicht. Körperliches Befinden, Witterungsbedingungen, diverse Termine – alles muss berücksichtigt werden. Klar ist freilich, dass in der sogenannten Off-Season zwar keine Rennen stattfinden, aber trotzdem trainiert wird. Nach einer langen Saison muss man zwar runterfahren, aber es geht dann sehr schnell darum, kontinuierlich am Formaufbau für das folgende Jahr zu arbeiten. Wichtig ist es auch, Abwechslung in den Trainingsalltag zu bringen. So stehen bei mir etwa im Grundlagen-Ausdauertraining viele Fahrten mit dem Rennrad am Trainingsplan. Und auch regelmäßige Besuche in der Kraftkammer sind Teil des Programms.

Auf deiner Website ist dein Motto „Olm volle” sehr präsent und ist auch als Logo stilisiert. Wie ist das Motto entstanden, was bedeutet es im Detail für dich? Begleitet es dich auch außerhalb des Sports?

Es ist eigentlich dadurch entstanden, da es meiner Herangehensweise an meinen Sport entspricht. Niemand kann in allen Rennen in absoluter Top-Form sein. Aber es gilt, das abzurufen, was zum jeweiligen Zeitpunkt in einem steckt. Es heißt also für mich, immer Vollgas geben. Außerhalb des Sports bedeutet es für mich, in allen Tätigkeiten die nötige Konsequenz an den Tag zu legen.

Die Frage ist zwar sicher schwierig zu beantworten, soll aber trotzdem gestellt sein: Was sind deiner Meinung nach die drei größten Highlights deiner bisherigen Karriere?

Oh, das ist echt schwer. Niemals vergessen werde ich natürlich meine Fahrt zur Goldmedaille im Junioren-Rennen bei der Straßen-Weltmeisterschaft 2018 in Innsbruck. Im eigenen Land vor so vielen Fans den Titel zu holen, das war schon etwas ganz Besonderes – noch dazu als Mountainbikerin. Dass ich 2023 in Snowshoe und damit im Heimatland meines Teams Specialized Factory Racing mein erstes Cross-Country-Weltcuprennen in der Eliteklasse gewinnen konnte, war auch ein absolutes Highlight. Und natürlich auch mein überhaupt erster Elite-Weltcup-Sieg gleich zum Saisonstart im Short-Track-Rennen von Nove Mesto in Tschechien. Aber ich könnte da noch viele andere aufzählen. So zum Beispiel natürlich den Sieg beim Cape Eric 2021 gemeinsam mit meiner Teamkollegin Sina Frei aus der Schweiz.

Du hast den Weltcupsieg in Snowshoe erwähnt. Was ist dir da bei der Zieldurchfahrt durch den Kopf gegangen?

Es war einfach die pure Freude – vor allem auch darüber, dass ich meinem Team, das mich so toll unterstützt, etwas zurückgeben konnte. Und ich habe an all jene Menschen gedacht, die stets hinter mir stehen – in guten wie in schlechten Zeiten. Ohne sie wäre das alles nicht möglich. Nach dem Sieg in Snowshoe wurde schon ordentlich gefeiert. Freilich ohne über die Strenge zu schlagen, denn es standen danach ja noch zwei Rennen in Kanada am Programm.

Gibt es Dinge, die du bereust?

Nein, überhaupt nicht! Ich bin mit mir im Reinen, habe ein tolles Team und super Sponsoren, ein cooles Umfeld, auf das ich mich stets verlassen kann, und werde als Heeressportlerin auch vom Österreichischen Bundesheer toll unterstützt. Natürlich klappt im Profisport nicht immer alles so, wie man es sich wünscht. Heuer hat es etwa extrem weh getan, dass ich die Weltmeisterschaft in Schottland gesundheitsbedingt auslassen musste. Aber aus solchen Rückschlägen muss man eben auch seine Lehren ziehen. Und letztlich machen sie einen in der Folge nur stärker.

Du hast schon sehr viel erreicht. Was hast du dir aber noch vorgenommen? Welche sportlichen Ziele hast du dir für die kommenden Jahre gesteckt?

Die Siege in der Vergangenheit waren schön. Aber natürlich müssen diese jetzt in den nächsten Jahren bestätigt werden. Mir geht’s aber nicht darum, im Voraus auf Platzierungen zu spekulieren. Es gibt in jedem Rennen enorm viele Dinge, die du vorher nicht kalkulieren kannst. Wichtig ist es mir, mich kontinuierlich weiterzuentwickeln und ständig bereit zu sein, dazuzulernen. Im Vergleich zu meiner Anfangsphase im Elite-Weltcup ist es mir etwa gelungen, inzwischen deutlich konstanter zu agieren. Ansonsten freue ich mich einfach jetzt schon darauf, mich kommende Jahr wieder mit den weltbesten Fahrerinnen messen zu dürfen.

Nächstes Jahr ist eine Olympia- Saison. Liegt dein Fokus auf den Spielen in Paris?

Ich durfte in Tokio 2021 schon mal Olympialuft schnuppern. Es ist für für alle Sportlerinnen und Sportler natürlich ein gewaltiges Ereignis. Nach Ende der Saison 2023 hieß es zunächst aber, gut zu regenerieren. Danach habe ich mit Rupi den Trainingsplan für die Wintermonate ausgearbeitet. Was die Olympischen Spiele angeht, reden wir aktuell noch von ungelegten Eiern, denn es liegt derzeit keine Nominierung des nationalen Verbandes vor. Im Vorfeld von Paris müssen die Leistungen von heuer bestätigt werden. Wenn das gelingt, klappt’s hoffentlich auch mit meiner zweiten Olympiateilnahme. Beim diesjährigen Test-Event in der französischen Metropole ist es mit Platz zwei nicht schlecht gelaufen. Die Strecke dort gefällt mir.

Welchen Rat kannst du all jenen mit auf den Weg geben, die, genau wie du, sportlich an die Spitze wollen?

Patentrezept gibt’s dafür keines. Jeder muss seinen eigenen Weg finden, seine eigenen Erfahrungen machen und daraus lernen. Entscheidend ist letztlich, den eigenen Traum zu leben und sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen. Sie gehören dazu. Es ist nur wichtig, daraus dann die nötigen Schlüsse zu ziehen, sich nicht aus dem Konzept bringen zu lassen. Ganz voran möchte ich aber stellen, dass man nie den Spaß verlieren darf – bei aller Ernsthaftigkeit und Konsequenz, die im Spitzensport nötig ist. Und dann heißt es eben „Olm volle”!

(Text: Peter Leitner, Fotos: Sportszene.tirol, Michal Cerveny)

By Eva

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