„Ohne ein Miteinander kannst du gar nichts erreichen“

Christoph Rauch, seines Zeichens Destinationsleiter für das vordere Ötztal sowie Infrastrukturleiter des gesamten Ötztal Tourismus, hat mit uns über seinen Beruf, die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen des regionalen Tourismus und seine Zukunftsvisionen gesprochen.

Lieber Christoph, vermutlich kennen dich in Haiming noch nicht alle. Du bist ja 2011 mit deiner Familie in unsere Gemeinde gezogen. Kannst du uns kurz deinen beruflichen Werdegang schildern?

Meine touristische Laufbahn hat mit dem Tourismusstudium am Management Center Innsbruck begonnen. Ich war im Anschluss Assistent der Studiengangsleitung am MCI Tourismus, danach Personalchef bei Travel Europe. 2007 bin ich zum Ötztal Tourismus gekommen, wo ich zuerst Büroleiter in Oetz war, dann Destinationsleiter für das vordere Ötztal.

Seit 2020 habe ich zusätzlich die Leitung der Infrastruktur des Ötztal Tourismus inne, sprich, ich habe nicht nur die Verantwortung für rund dreißig Bauhofmitarbeiter, die engagiert in diesem Bereich arbeiten, dazubekommen, sondern auch die Budgetverantwortung für die ÖT Infrastrukturen wie die Instandhaltungen von Klettersteigen, Wegen, Loipen und vieles mehr. Das alles macht mein Aufgabengebiet so vielseitig, es kommen einige Themen zusammen, doch das macht auch den Reiz und die Spannung der Position und meines Alltags aus.

Und was hat dich, oder besser gesagt euch, dazu bewogen, nach Haiming zu ziehen?

Haiming ist eine sehr lebens- und liebenswerte Gemeinde, die sehr viel zu bieten hat: Schulen, Freizeitangebot und (touristische) Infrastruktur. Wir haben nicht nur eine Wohngemeinde, wir haben auch viele sportliche und kulturelle Möglichkeiten direkt vor der Haustür. Haimining ist für mich, in drei Worten zusammengefasst, Lebensqualität, Reiz und Charme.

Deine Berufsbezeichnung lautet „Destinationsleiter Vorderes Ötztal“. Würdest du uns kurz erklären, wie dein Arbeitsalltag aussieht und welche Verantwortungen und Aufgabengebiete du wahrnimmst?

Einerseits habe ich viele Aufgaben in puncto Angebots- und Produktentwicklung und bilde somit eine Schnittstelle sowohl zur Kommunikationsabteilung als auch zur Zentrale allgemein, andererseits bin ich die Ansprechperson für touristische Belange der Gemeinden Haiming, Oetz und Sautens. Das geht los bei Veranstaltungen und Events über Erlebnisse und Angebote bis hin zu Wochenprogrammen und Sponsorings. Ich kann zweifelsohne sagen: Jeder Tag ist anders.

In der Winterausgabe 2022 des Haiminger Blattls hatten wir mit Armin Neurauter beim Interview zuletzt einen Gesprächspartner mit Tourismusschwerpunkt. Gerne möchten wir mit dir nochmal auf ein paar Themen eingehen,die die Gemeinde und die Region auch vor zwei Jahren schon beschäftigt haben. Beginnen wir mit dem Thema „Touristische Zukunftsstrategie Vorderes Ötztal 2030“. Bei diesem Konzept für die Destinationsentwicklung hat Armin zwei zentrale Themen angesprochen: Einerseits die Definition der Zielgruppe (sportlich und gesundheitlich orientierte Gäste, Paare, Gruppen, „Silver-Ager“) und die Konzentration auf diese, andererseits die Schaffung breiterer Akzeptanz für den Tourismus in der Bevölkerung. Was hat sich seit Dezember 2022 bei diesen Themen getan, wie kommt man generell mit der Strategie voran?

An der besagten Zukunftsstrategie wurde seither kontinuierlich weitergearbeitet. Wir haben unser Profil und somit auch das Profil der anzusprechenden Zielgruppe nochmals überarbeitet und geschärft. Alle, die hier involviert sind, waren sich einig: Was erforderlich ist, ist ein Wechsel der Denkweise weg von Kategorien („Junge, Silver-Ager, Familien) hin zu Urlaubserwartungen und Lebenseinstellungen. Da wir das sportliche Outdoorzentrum am Eingang des Ötztals sein wollen, definieren wir unsere Zielgruppe als „Menschen mit Freude am sportlichen Abenteuer“. Bei der Weiterentwicklung der Strategie war auch schnell klar, dass wir im Wintertourismus neben dem Skifahren auch mehrere Themen und Aktivitäten besetzen müssen. Unsere Kernkompetenz im Ötztal war ohnehin schon immer „Ski Plus“, also all das, was man neben dem Skifahren auf der Piste und im Schnee sonst noch erleben kann. Hier haben wir in letzter Zeit bereits zusätzliche Angebote geschaffen: In Ochsengarten gibt es nun offiziell die Möglichkeit für eine Pisten-Skitour, mit Marlstein haben wir die zweite Rodelbahn in der Gegend, die übrigens mit dem Gütesiegel des Landes Tirol ausgezeichnet wird. Man merkt deutlich, dass sich die Gästebedürfnisse ändern und der klassische 6-Tages-Skipass stagniert. Gäste möchten auch mal einen Winter-Wandertag oder müssen dazwischen einen Tag von der Urlaubsunterkunft aus arbeiten (Stichwort: Work and Vacation). Das Konzept des „sportlichen Abenteuers“ findet auch mehr und mehr Einzug in unseren Veranstaltungskalender. Für das erste Maiwochenende haben wir nun immer das „Raft-Battle“ fix in Planung. Das ist ein Rafting- Rennen mit verschiedenen Herausforderungen, die sechs Abenteurer und ein erfahrener Guide als Team im freundlichen Wettstreit gegen andere bestehen müssen. Gedacht ist das Ganze als Spaß-Wettkampf, bei dem auch Unerfahrene herzlich willkommen sind. Die „Gaudi“ ist hier das Wichtigste! Unser Gäste-Skirennen in Ochsengarten wurde zu einem Nachtrennen und hat somit an Reiz gewonnen, die Styland-Sessions sollen ein Fixpunkt für „Winter-Freestyler“ am Ende der Saison in der Skiregion Hochoetz werden. Derartige Ideen haben wir noch viele, man darf sich also über ein vielseitiges Veranstaltungsangebot in der Region freuen. Auch die angesprochene Tourismus- Akzeptanz ist nach wie vor einzentrales Thema, bei dem Akzente gesetzt wurden: Wir bemühen uns beispielsweise, in Schulen über das Thema Tourismus zu sprechen. Die Schülerinnen und Schüler staunen oft darüber, was der Tourismus in der Region an Wertschöpfung bringt. Mit der „Vordertaler Zukunft“ haben sich junge Wirtschaftstreibende im Tourismus zusammengeschlossen, um den regionalen Tourismus positiv mitzugestalten. Die „Team Card vorderes Ötztal“ dürfen sie sich beispielsweise auf die Fahnen schreiben. Generelle Anliegen, die für uns überdies zentral sind: Qualitatives Wachstum, Belebungen der Vor- und Nachsaisonen sowie Investitionsmöglichkeiten für bestehende Betriebe.

Wie schaut’s derzeit generell um das Tourismus-Ortsausschuss- Team aus? Armin Neurauter hat ja das Amt des Obmannes unterjährig übernommen und damals von generellen Neuwahlen in zwei Jahren gesprochen. Wann genau sollen die Wahlen stattfinden? Ist mit Personalwechsel zu rechnen?

Die Wahlen finden 2025 statt. Laut Tourismusgesetz funktioniert das so: Die Vollversammlung wählt den Aufsichtsrat, dieser wählt den Vorstand und in weiterer Folge wird die Geschäftsführung bestellt. Die Ortsausschüsse haben beratende Funktion.Diese sind zwar nicht im Gesetz verankert, für den TVB Ötztal aber nicht mehr wegzudenken und sehr wertvoll. Apropos Vorstand: Mit Peter Neurauter ist ein Haiminger im Vorstand des Tourismusverbandes.

Was sind deiner Meinung nach die fünf wichtigsten Themen, die den Tourismus in der Gemeinde und in der Region derzeit beschäftigen?

An erster Stelle ist da nach wie vor das Thema Mitarbeiter: Mitarbeiterbindung, Loyalität, Förderung. Der Fachkräftemangel beschäftigt unsere Unternehmer sehr. Dann ist da noch die Digitalisierung und der Vormarsch der künstlichen Intelligenz, Großprojekte wie der Golfplatz in Sautens, der Verkehr und die „Einheimischentarife“.

Zum Schluss: Wir haben nun über eine Strategie 2030 gesprochen, aber was ist die „Vision von Christoph Rauch“ für die Destination Vorderes Ötztal? Was wäre aus touristischer Perspektive der Idealzustand für dich, welche Projekte möchtest du in deiner Laufbahn unbedingt umgesetzt wissen?

Ich sehe das Thema Radfahren generell als unglaubliche Chance für die Region und denke dabei an alle Formen und Facetten, die das Radfahren zu bieten hat (Rennrad, Mountainbike, E-Bike und mehr). Wir brauchen freigegebene Single-Trails und auch Mountainbike-Wege, ich denke auch an ein horizontales Trailcenter, das für Gäste und Einheimische gleichermaßen zugänglich ist. Wenn ich an die Area 47 und an Hochoetz denke, dann sehe ich vor meinem Auge immer das Potential einer vielseitigen, ganzjährigen „Adventure Region“ – das ist meine Vision und meine Wunschvorstellung.

(Text peda, Fotos Christoph Rauch)

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