Lebenserinnerungen – Dini Zeni
Handschriftlich hat mir Frau Lidwina „Dini“ Zeni geb. Katzlinger, wohnhaft in Ötztal-Bahnhof, einige ihrer Kindheitserinnerungen dankenswerterweise zur Verfügung gestellt. Als Überschrift wählte sie „Meine schönen und weniger erfreulichen Erinnerungen“ – dem Umstand geschuldet, da sie den Großteil ihrer Kindheit in den Jahren des 2. Weltkrieges erlebte. Dini wurde am 29. Mai 1933 in Haiming geboren. Ihr Vater war der aus Baureith/Aigen in Oberösterreich stammende Gendarmerie-Revierinspektor Johann Katzlinger, ihre Mutter Lidwina Campolongo stammte aus Rovereto.
Dini schreibt
„Aus meiner Kindheit erinnere ich mich gerne an die vielen Spiele mit den Nachbarskindern. Zum Beispiel in der Sandgrube, dem jetzigen „Baur-Areal“ und darunter der Mühlbach. Wir hüpften, rutschten und vergruben Schürzen, Strümpfe und andere Sachen, manche fanden wir nicht mehr. Oder im Gebiet des „Schranzen Bichl“, der damals aber noch nicht so hieß. Es war ein riesiger Spielplatz mit den vielen Felsen und Schrofen, die wir als unsere Burgen eroberten. Damals stand da oben noch kein Haus. Weniger schön waren die Kriegsjahre mit
dem fast täglichen Sirenenalarm. Alle Häuser mussten verdunkelt werden. Minutenlang war das Brummen der schweren Bomber zu spüren. Auch hörten wir Bombeneinschläge vom nahen Deutschland. Einige Male wurde versucht, die Eisenbahnbrücke in Ötztal-Bahnhof zu bombardieren, was nie gelang. Heute noch kann man viele Bombentrichter sehen.
Auf meinem Schulweg ins Gymnasium Zams musste der Zug oft außerhalb des Bahnhofes Imst im Schutz der Felswand warten, bis die Flugzeuge verschwunden waren. Manchmal kam es auch vor, dass der Zug auf freier Strecke von Tieffliegern beschossen wurde. In der Schule hatten wir meistens bis 10 Uhr Unterricht, dann heulten die Sirenen – Fliegeralarm! Es ging ab in den Stollen bis zur Entwarnung um ungefähr 13 Uhr. Ich kann mich an keinen einzigen normalen Schultag erinnern.
Ich beobachtete einige Luftkämpfe über Haiming. Einmal sah ich, wie ein brennendes Flugzeug bei der Roppener Alm niederging. Bei Kriegsende, dem Einmarsch der Amerikaner, waren einige Nachbarn zu voreilig, sie schwenkten weiße Tücher vom Balkon und wurden prompt von den fliehenden deutschen Soldaten beschossen. Zum Beispiel beim Kuntner-Haus: Die Schüsse verfehlten knapp Resi Kuntner. Zur Zeit der Besatzung durfte niemand das Dorf verlassen. Somit war meine Schulzeit vorerst zu Ende.
Wir bekamen aus Amerika die sogenannten Care-Pakete mit Trockenmilch, Schokolade und Kaugummi, was wir alles nicht kannten. Auch das Brot aus Reismehl schmeckte uns Ausgehungerten sehr gut.“
Dini Zeni, Ötztal-Bahnhof am 21.12.2021
(Text: Manfred Wegleiter; Fotos: Fam. Katzlinger/Chronik Haiming)