Ein kleiner Käfer als Gewinner des Klimawandels

In den letzten Jahren hat sich der Borkenkäfer im Bezirk Imst stark vermehrt, insbesondere im Ötztal und im Raum Silz. Im vergangenen Sommer war die Käferdichte so hoch, dass stehende Bäume befallen und zum Absterben gebracht wurden. Als sichtbares Anzeichen sind zahlreiche rotbraune Bäume bzw. Baumgruppen, sogenannte Käferneste, aufgefallen. Auch im Gemeindegebiet von Haiming sind einige Käferneste aufgetreten.

Klimaerwärmung und Schadholz als Ursachen

Die derzeitige starke Vermehrung hat ihre Ursache in mehreren Faktoren: Das Grundproblem sind die zunehmend wärmeren Temperaturen während der Vegetationszeit in Kombination mit wiederkehrenden Trockenperioden. Zum einen begünstigt dies die Entwicklung des Borkenkäfers. Als Insekt ist sein Entwicklungs- und Lebenszyklus nämlich stark von der Temperatur abhängig: her ist die Aktivität und umso kürzer wird der Zeitraum für die Entwicklung vom Ei bis zum Käfer. Zum anderen schwächen die hohen Temperaturen und die Trockenheit den Wald. Unmittelbarer Auslöser für die derzeitige Massenvermehrung war der große Schadholzanfall durch die starken Schneefälle im Dezember 2020. Dadurch war sehr viel Brutmaterial für die optimale Vermehrung der Borkenkäfer vorhanden.

Üblicherweise entwickelt sich in unserem Bezirk während eines Jahres eine Generation Jungkäfer, im Inntal maximal eine zweite. Getrieben von den wärmeren Temperaturen geht die Entwicklung in jüngster Zeit schneller, eine zweite Generation entwickelt sich häufig, zum Teil auch schon eine dritte. Dadurch explodiert die Käferpopulation, legt doch ein Weibchen im Schnitt ca. 40 Eier. Bei einem Geschlechterverhältnis von 1:1 ergibt das bei einer Generation 40, bei einer zweiten 800 und bei einer dritten Generation 16.000 Nachkommen pro Weibchen. Ausgehend von einem befallenen vier Meter langen Baumstamm können sich in einem Sommer bis zu drei Millionen Jungkäfer entwickeln.



Nur so groß wie der Kopf eines Streichholzes

Allgemein als Borkenkäfer bezeichnet, handelt es sich genau genommen um den „Achtzähnigen Fichtenborkenkäfer“. Er ist auf die Fichte spezialisiert. Normalerweise werden Bäume bzw. Holz mit reduziertem Saftfluss, wie zum Beispiel frisch geschlägertes Holz oder geschwächte und kranke Bäume befallen.

Ist das Holz nämlich zu trocken, so ist es für den Borkenkäfer ungeeignet, und ein gesunder Baum kann durch verstärkten Harzfluss einbohrende Käfer abwehren. Mittlerweile ist der Käferbestand jedoch so hoch, dass auch stehende und gesunde Bäume erfolgreich befallen werden.

Seine Nachkommen entwickeln sich in der saftführenden Schicht zwischen der Rinde und dem Stammholz. Die Weibchen bohren hier in der Falllinie verlaufende Gänge und legen beidseitig davon die Eier ab. Die Larven fressen sich in der Folge in horizontaler Richtung durch diese saftführende Schicht. Dadurch werden die Wasser- und die Nährstoffzufuhr in die Krone unterbunden, der Baum vertrocknet und stirbt ab. Den Winter verbringen die Käfer entweder in befallenen Bäumen oder im Boden.

Rasche Aufarbeitung und Fangbäume als wichtigste Maßnahme

Wichtig ist die rasche Aufarbeitung von Schadholz, um dem Käfer die Brutstätte zu entziehen. Wird ein „Käfernest“ entdeckt, dann sind die befallenen Stämme möglichst rasch aus dem Wald zu bringen, bevor sich die im Stamm fressenden Larven zu Jungkäfern entwickeln können. Wird der Befall rechtzeitig erkannt, kann alternativ auch entrindet oder notfalls begiftet werden

Oft ist es sinnvoll, nach der Aufarbeitung gesunde Bäume zu fällen und liegen zu lassen. Ziel ist, dass im Wald verbliebene Käfer die umgeschnittenen Bäume befallen und nicht stehende. Mit diesen „Fangbäumen“ werden die Käfer mitsamt der angelegten Brut aus dem Wald transportiert.

In den stark betroffenen Gemeinden wurde im heurigen Frühjahr versucht, möglichst viele Käfer beim ersten Schwärmen im Frühjahr „abzufangen“. Dazu wurden verteilt auf zahlreiche Flächen „Fangbäume“ vorgelegt, allein im hinteren Ötztal ca. 2.000 Festmeter. Sie sind im Allgemeinen stark befallen, was auf eine hohe Käferdichte schließen lässt. Derzeit läuft die Aufarbeitung.

Gesunde und gepflegte Wälder sind weniger anfällig

Gesunde und gepflegte Mischwälder sind vitaler und stabiler. Sie können sich leichter an die Klimaänderung anpassen und sind weniger gefährdet durch Witterungsextreme wie zum Beispiel Stürme oder Trockenheit. Zudem sind sie besser gegen einen massenhaften Befall durch Borkenkäfer geschützt, da neben Fichten auch andere Baumarten vorkommen und vitale Bäume nicht so leicht befallen werden können.

(Text: Reinhard Köfler; Fotosd: Privat, Bayrische Staatsforste, Landwirtschaftskammer Kärnten)

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