„Mit den richtigen Worten kann ich alles sagen, mit den falschen gar nichts.“
Landesrat René Zumtobel spricht mit uns über seine Erinnerungen an Haiming, aktuelle Themen und Projekte im Umweltschutz und der Mobilität und unsere klimapolitische Zukunft.
In deinem Lebenslauf finden wir mehrere Stationen bei den Österreichischen Bundesbahnen: Fahrdienstleiter, Pressesprecher, schlussendlich Regionalmanager. Der Schritt in die Landespolitik erscheint, passend zu deiner Gesamtkarriere, durchaus als logisch, aber war er auch geplant? War eine entscheidende Rolle in der Politik schon immer etwas, von dem du geträumt hast?
Es war, um ehrlich zu sein, eine riesige Überraschung für mich. Da war plötzlich dieser Anruf von Georg Dornauer. Ich habe geglaubt, er wird wohl über verschiedene Verkehrsthemen mit mir sprechen wollen, daher hat mich das Angebot für dieses Amt aus heiterem Himmel getroffen. Aber kennst du das, wenn dir dein Bauchgefühl vom ersten Moment an sagt, dass etwas richtig ist? Genau dieses Gefühl hatte ich beim Gespräch mit Georg Dornauer. Davon, dass ich davon geträumt oder schon von Anfang an Ambitionen in diese Richtung gehegt hätte, lässt sich aber bestimmt nicht sprechen.
Ich habe immer versucht, die Position, die ich gerade innehatte – sei es nun Pressesprecher oder Regionalmanager – mit so viel Freude und Fleiß zu bestreiten, wie es mir möglich war. Diese Einstellung hat mich dann immer zum nächsten spannenden Jobangebot geführt, mein großes Interesse an Neuem dazu, es auch anzunehmen!
Du bist auch in diversen sozialen Medien sehr aktiv und hältst uns dadurch über deine Aktivitäten auf dem Laufenden. Manchmal passiert es auch, dass eben diese Medien an deine Wurzeln erinnern, unser Ortschronist Manfred Wegleiter hat kürzlich auf Facebook dein früheres Engagement bei der Haiminger Heimatbühne wieder aufleben lassen. Wäre das auch ein Karriereweg für dich gewesen? Was fällt dir sonst noch immer wieder ein, wenn du an deine „alte Heimat“ denkst?
Mit Haiming verbinden mich so viele unvergessliche Momente, weswegen ich von tiefstem Herzen sagen kann: Ich liebe diesen Ort. Ich habe sehr viele tolle Erinnerungen aus meiner Kindheit, viele davon im Wald. Ich habe hier sehr viel Familie, die mir unglaublich wichtig ist: Meine Mama, meine Geschwister, Tanten und Onkel. Leider ist mein Vater sehr früh verstorben, da war es mein Opa, der zu einer wichtigen Bezugsperson und auch zu meinem Mentor wurde.
Gerne denke ich an die Vereine zurück, bei denen ich dabei sein durfte: Eben die Heimatbühne, die Silberbuam, der Fußballverein. Ich bin auch mal eine Zeit lang Schiedsrichter gewesen. Da lernst du unglaublich viel fürs Leben und für die Politik. Als Gemeinderat durfte ich mich auch engagieren. Kommunalpolitik ist in einer Hinsicht großartig: Was du tust, siehst du relativ schnell. Wird ein neuer Kinderspielplatz beschlossen, kommt es sehr bald zur Umsetzung.
Zu guter Letzt denke ich auch gerne an meine verschiedenen Ferialjobs zurück: Ich war ja unter anderem bei der Gemeinde, bei Olymp und bei Maurer-Wallnöfer. Und um die erste Frage noch zu beantworten: Ich mag die Öffentlichkeit, also könnte ich mir auch sehr gut vorstellen, heute Schauspieler zu sein!
Zu deinen politischen Kompetenzen zählen mitunter der Natur- und Klimaschutz, die öffentliche Mobilität und der Verkehr. Bereiche, die ihre Schnittmengen beim Ausstoß von Kohlenstoffdioxid finden. Betrachten wir zum Beispiel das Jahr 2021, so kommen wir weltweit auf etwas mehr als 37 Milliarden Tonnen Kohlenstoffdioxid, Österreich verzeichnet etwas über 77 Millionen Tonnen, 22 Millionen Tonnen sind hierbei Verkehr. Wir sprechen hier von etwa 0,06 Prozent. Wenn Klimaschutz nur geopolitisch gelingen kann, wo können wir den geforderten Verzicht auf den Verbrenner-PKW einordnen, wenn Großkonzerne in den USA, China und Indien für etwa die Hälfte des globalen Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes verantwortlich sind? Gibt es auch klimatechnische regionale Vorteile?
Für mich gilt hier ein wichtiger Grundsatz: Global denken, lokal handeln! Jede und jeder kann einen Beitrag leisten, uns muss es um das „Mindset“ gehen, Bewusstseinsbildung ist daher unglaublich wichtig. Dass sich unser Klima auch aufgrund unseres Verhaltens ändert, ist mittlerweile allgemein bekannt. Wir erleben heißere Sommermonate, beobachten Naturereignisse, die durch Klimaveränderungen hervorgerufen wurden und vieles mehr. Vielleicht kann ich die Welt nicht verändern, aber ich kann mich selbst verändern, und am Ende muss es mir mit meinem Verhalten gutgehen. Ich kann mir selbst tagtäglich kleine Fragen stellen: Muss ich immer irgendwo hinfahren oder geht es auch lokal? Kann ich meine Besorgungen auch im Ort erledigen? So helfe ich dann auch bei der lokalen Wertschöpfung.
Was das Autofahren anbelangt: Ich bin niemals für Extreme und wir können nicht einen „Idealfall“ auf alle Orten und Länder anwenden, das gehört immer anhand der lokalen Situation bewertet. Mancherorts ist man definitiv mehr auf das Auto angewiesen. Hier haben Menschen meines Erachtens drei Gründe, warum sie auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen: Eine gute Taktung, eine hohe Qualität der angebotenen Verkehrsmittel und natürlich die Preisgestaltung. Sind alle drei Faktoren hinreichend gegeben, werden viele Menschen gerne umsteigen. Wir arbeiten stets daran, alle Faktoren entsprechend zu optimieren.
Das bringt uns auch schon zur nächsten Frage: Welche Projekte, bei denen du involviert bist, sind speziell für uns Haimingerinnen und Haiminger interessant? Kannst du uns hier die wichtigsten nennen und sie kurz erläutern?
Wir sind gerade dabei, das Zugangebot massiv auszubauen. Aktuell fahren die Nahverkehrszüge der Österreichischen Bundesbahnen 8,4 Millionen Kilometer im Jahr. Dies werden wir bis Ende 2024 auf 9,4 Millionen erhöhen. Für die Haimingerinnen und Haiminger soll dann damit nicht nur im Schnitt alle dreißig Minuten ein Regionalexpress-Zug zur Verfügung stehen, auch die Diskussion, warum manches Mal jede zweite Station, so auch Haiming, ausgelassen wird, erübrigt sich dann, da wir hier für Vereinheitlichung sorgen werden.
Auch auf der Seite des Naturschutzes tut sich einiges: Die Gemeinde Haiming hat ja selbst den Schutz des Forchet beschlossen, auch der Brandsee soll als Naturdenkmal unter Schutz gestellt werden. Auf alle Fälle ist sowohl bei Mobilitäts- als auch bei Naturschutzprojekten eines wichtig: Wir dürfen nicht vergessen, dass wir sowohl Wirtschaft als auch Natur brauchen, daher sollen bei der Realisierung von Projekten nach Möglichkeit so gut es geht alle Interessen gewahrt werden.
Das ist das perfekte Stichwort für einen Themenbereich, der uns in Haiming in jüngster Zeit sehr beschäftigt: Ende Jänner wurde ein Interview mit dir auf der Website Dolomitenstadt.at veröffentlicht, wo sich durch deine Ausführungen auch die Wechselwirkung zwischen Energieerzeugung und Umweltschutz zeigt. Du verweist auf Landesrat Geisler, der die Hauptverantwortung für Energie trägt. Laut Geisler müssen wir, wie du erwähnst, drei Viertel an Energie erzeugen und ein Viertel sparen, damit wir bis 2050 energieautonom werden. Wie schon erwähnt, beschäftigt uns die Energieerzeugung derzeit in Haiming sehr. Wie bewertest du die Situation aus Umwelt-Perspektive? Wie werden Spannungsverhältnisse zwischen Energie und Umwelt auf Landesebene gehandhabt? Ist auch formal ein Konsens zwischen den Entscheidenden notwendig oder gibt es eine Person, die das finale Wort hat?
Die TIWAG hat das Projekt zur ersten Umweltverträglichkeits-Vorprüfung im März 2013 eingereicht, wir sprechen hier also vom einer Projektwerbungszeit von über einem Jahrzehnt. Das darf man nicht vergessen beziehungsweise wissen das viele gar nicht. Die Frage, wer das finale Wort hat, stellt sich in diesem Fall nicht. Das Land hat jedenfalls einen positiven Bescheid abgegeben, nun liegt die Entscheidung beim Bundesverwaltungsgerichtshof.
Fakt ist: Wir wollen weder Braunkohle noch Atomenergie, doch was wir wollen, ist die Energieautonomie bis 2050. Etwas werden wir tun müssen, und wir werden alle nachhaltigen Ressourcen brauchen, die wir haben. Wie bereits erwähnt, muss jedes Projekt im Einklang mit möglichst allen Interessen realisiert werden. Es wird beispielsweise dafür Sorge getragen, dass im Mai und September der Wasserstand des Inn möglichst hoch bleibt, damit der Rafting-Hochsaison nichts im Wege steht. Ich bin auch immer dafür, dass man auf der anderen Seite für Ausgleichsflächen sorgt, wenn der Natur auf der einen Fläche genommen wird. Die EU verlangt dreißig Prozent der Flächen als ausgewiesene Schutzgebiete, in Tirol sind wir mit 27 Prozent bereits auf einem sehr guten Weg.
Wo siehst du uns regional sowie global in zehn oder hundert Jahren? Werden wir die Herausforderungen in puncto Klima, Globalisierung und Mobilität gemeistert haben? Welche Themen werden uns dann beschäftigen?
Die Mobilitätswende wird uns definitiv gelingen. Laut einer Mobilitätsstudie für Tirol aus dem Jahr 2022 legen wir hierzulande bereits knapp fünfzig Prozent unserer Wege zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück, das stimmt mich sehr positiv. Was das Klima anbelangt: Revidierbar ist der Klimawandel nicht mehr, aber wir werden es schaffen, auf einem gewissen Status zu bleiben, sodass wir Verschlechterungen nachhaltig stoppen können. Ich bin sehr froh und dankbar, dass ich in diesem Amt sein darf, weil mir somit die Möglichkeit geschenkt wurde, hier in Tirol federführend mitwirken zu können. Wir werden unsere Ziele erreichen, da bin und bleibe ich – wie bei allem, was ich mache – absoluter Optimist.
(Text: peda; Fotos: Land Tirol / die Fototgrafen)