Der Gemeinderat hat beschlossen
Wie der Kulturraum Haiming-Ötztal in der letzten Ausgabe des „Haiminger Blattls“ bereits informiert hat, schlummern viele unbekannte und nicht dargestellte „Haiminger Geschichten“ in den Archiven und Chroniken. In dieser Ausgabe werden einige Themen aus dem Tätigkeitsbereich des Gemeinderates der vergangenen Jahrzehnte aufgezeigt.
Am 5. März 1862 wurde das erste „Gemeinde – Gesetz und Gemeindeordnung sowie Statuten für einzelne Orte aller Kronländer “ erlassen. Am 3. Dezember 1863 folgte „Das Heimat – Gesetz mit Vorschriften über Einwanderung, Auswanderung und die Verehelichung mit Ausländern“.
Es dauerte noch einige Jahre zum 2. Jänner 1887, bis „im Schulhause die erste Ausschußsitzung“ des Haiminger Gemeinderates stattfindet. Die behandelten Themen dieser Zeit waren – laut der vorliegenden Protokolle – noch spärlich. Dar[1]aus möchten wir einige interessante Glossen und Gegebenheiten der letzten Jahrzehnte darstellen.
In der Sitzung am 25. Juli 1913 wurde unter Pkt. VI. folgendes beschlossen: „Dem Ansuchen des Herrn Herili mit seinem Automobil auf dem Gemeindeweg Bahnhof Ötztal zu diesen Hofraum zu fahren, wird keine Folge gegeben.“
In der Gemeinde Ausschuss-Sitzung am 13. Jänner 1914 lautet ein Beschluss: „Betreff der Öfen heitzen von der Gemeinde in der Raiffeisenkasse wurde kein Beschluß gefasst.“
Am 18. Februar 1914 hat der Gemeinderat 10 Punkte behandelt. Unter Pkt. IV. wurde beschlossen: „Dem Ansuchen des Herrn Lutteri, seine Wasserleitung von der jetzigen Quellfassung bis zum möglichen Ursprung ausbauen zu dürfen, wird mit der Bedingung Folge gegeben, daß die Quellfassung so gebaut wird, daß zu jeder Jahreszeit … genügend Trinkwasser zu bekommen haben.“
Wer war Herr Lutteri, was hat der mit der Quellfassung in Haming zu tun?
Ernst Lutteri, war Apotheker in Innsbruck. Er hat mit Kaufvertrag vom 31.Dezember 1902 von Herrn Jakob Krämer in Wilten und Herrn Heinrich Markt in Inzing die ihnen zu gemeinsamen Eigentum gehörigen Realitäten in der Cata. Areal Gemeinde Haiming befindliche Cat H 272, Bp 4/9 Restauration, einstiger Gasthof mit Garten von 10 ar 18 m², Cat.H 272 Bp. 4/10 Dependance samt Hofraum … käuflich erworben. Es handelt sich um den heutigen „Ötztalerhof“. Für den Ötztalerhof dürfte das Trinkwasser nicht mehr ausgereicht haben und war die Neufassung einer Quelle notwendig. Die Kosten für die Quellfassung musste Lutteri selbst tragen. Die Fassung erfolgte im Bereich am Amberg, wo heute das Wasser von Brunau aus dem Stollen austritt.
Ein Jahr später, am 22. März 1914, wurde der Gemeinderat neuerlich mit dem vermutlich ersten Automobilbesitzer in Haiming befasst. So wurde beschlossen, dem Herilier für das Jahr 1914 mit seinem Autoobil von der Station Ötztal bis zur Reichsstraße unter der Bedingung, wie in der Gemeinde Ausschusssitzung am 9. X. 1913 bewilligt wurde, gegen Widerruf weiterzubewilligen.
Wer war Herr Herili?
Josef Herilier war ein Fabriksbesitzer in Lyon. Er hat im Jänner 1912 mit seinem Bruder Karl Herilier von der Gemeinde Haiming nördlich des heutigen Bahnhofs Ötztal ein Grundstück erworben und dort einen Sägewerksbetrieb errichtet und betrieben. Im Jahr 1933 haben die Gebr. Herilier die Liegenschaft samt allen darauf befindlichen Baulichkeiten, industriellen Anlagen mit der gesamten maschinellen Einrichtung, wie ein kleines Wohnhaus, (später Fontana Engl – Klaus Werner) zwei Verladeschuppen, einen Arbeiterschuppen, ein zur Bahnstation Oetztal führendes Industriegeleises, eine Brückenwaage, eine Schmalspsurgeleiseanlae, eine Rohrleitung zur Fassung und Leitung des Rohöles von der Bahnstation zum Sägewerksbetrieb, die Transmission, an die Firma Wegelin verkauft. Die sprunghafte Steigerung der Preise und dadurch auch der Löhne nach dem ersten Weltkrieg (1914 bis 1918) und Folgejahre förderte die rasche Inflation. Diese Situation machte auch dem Betrieb Herilier finanziell zu schaffen. Dies zeigt die Verschuldung des Unternehmens durch hohe Verpflichtungen an das Bankhaus in St. Gallen, wohin der gesamte Verkaufserlös abgetreten werden musste.
Am 14.April 1914 traf sich der Haiminger Gemeindrat zur IV. Ausschuss-Sitzung. Unter Pkt. VI. hat der Gemeinderat folgenden Beschluss gefasst: „Daß der Ortsschulrat die noch schulpflichtigen Nachtschwärmer nach Hause befördert, hat der Gemeinde Ausschus nichts dagegen, wird befürwortet.“
Zu Punkt 6. der Sitzung vom 14. April 1914 erfolgte zum Thema „Plakatierung“ folgender Beschluss: „Der Gemeinderat wünscht, daß ein Plakatierungsverbot erlassen wird. Der Anschlag wird nur an der Stadelwand des Mesnerhauses Nr. 65 (das heutige kleine Grundstück östlich von Kneißl Franz) gestattet und ist dieser Platz mit Leisten ein zu rahmen. Für den Anschlag eines Plakates ist je nach Größe 50 Groschen bis 1 Schilling zu verlangen.
Mit Beschluss vom 24.09.1914 musste sich der Gemeinderat mit den Auswirkungen zur Teilnahme am ersten Weltkrieg befassen. So wurde u.a. beschlossen: „Zum wirschaftlichen Hilfsbüro der Gemeinde Haiming für Privatangelegenheiten der Eingerückten sind in das Lokalkommitee gewählt woren: Heinrich Kopp Nr.22, Krisat Scherer Nr.35, Ignaz Kapeller Nr.72 und Alois Köttner für die Kuratiegemeinde sowie Nikodem Prantl Nr.34 für die Fraktion Silzerberg, Haslwanter Johann Nr.18 für die Fraktion Ochsengarten und Neurauter Alois,Nr.4 für die Fraktion Brunau.“
1921 hat die Gemeinde das erste eigene Elektrizitätswerk in Betrieb genommen. Es handelte sich um das Gebäude im sogenannten „Söiles“ an der Bundesstraße. In den Haiminger Häusern dieser Zeit kam der Strom nur spärlich zum Einsatz. Vielfach wurde nur in bestimmten Räumen eine einzige „Glühlampe“ installiert. Der Fortschritt, den das eigene E-Werk einleitete, veranlasste einige Handwerksbetriebe zum Einsatz von Motoren. Dadurch geriet das Elektrizitätswerk bald an seine Leistungsgrenze. Trotzdem beschließt der Gemeinderat am 20. April 1931: „Der Antrag wegen Einführung der Zähler beim elektrischen Licht wird abgelehnt.“
Am 4. Juli 1928 hat sich der Gemeinderat mit elf Punkten befasst. Im Protokoll hierzu ist u.a. folgendes festgehalten: „Dem Heinrich Wöbern wird für Pöllern an Fronleichnam 10 Schilling, an Kassian 10 Schilling und an Krisanth u. Daria 10 Schilling bewilligt.“
Zu Tagesordnungspunkt 3 in dieser Sitzung lautet ein Beschluss: „Auto auf Gemeindeweg Station Ötztal. Die Gemeinde Ötz hat wie voriges Jahr für die Benutzung des Gemeindeweges mit ihrem blauen Auto 100 Schilling, für 5 Monate 500 Schilling zu bezahlen.“ Beim „blauen Auto“ handelt es sich vermutlich um ein Vorläufer – Fahrzeug der heutigen „Ötztaler Verkehrsgesellschaft“.
(Text: Anton Raffl)