Zur Geschichte des Veteranenvereines Haiming-Roppen
Die Veteranenvereine (Vorläufer der heutigen Kameradschaftsbünde) entstanden nach den Schlachten bei Königgrätz und Costazza (1866). Der Schwerpunkt der Aktivitäten lag zunächst auf der Versorgung der Invaliden und Hinterbliebenen, später widmete sich die Gemeinschaft hauptsächlich dem Gefallenengedenken und der Kameradschaftspflege.
Auch in Haiming hatten mehrere Veteranen die Absicht, gemeinsam mit Roppen einen Verein zu gründen. Als Gründer und erster Obmann trat Johann Kapeller (13. Juni 1836 bis 25. April 1904), Wirt zu Magerbach, in Erscheinung. Mit Gleichgesinnten führte er am 17. Februar 1884 die Gründung des Veteranenvereines Haiming-Roppen durch. Die Festlichkeit begann mit einem feierlichen Gottesdienst, danach marschierten die Veteranen in Begleitung der Musikkapelle zum Vereinslokal ins Gasthaus Magerbach. Vierzig Mitglieder wählten Vorstand und Ausschuss, Böllerschüsse und Musik begleiteten den feierlichen Anlass.
Als erster Höhepunkt der Vereinsgeschichte darf die Aufwartung vor Kaiser Franz Joseph in Silz, anlässlich der Arlbergbahneröffnung, am 20. September 1884, bezeichnet werden. Die Chronik (verfasst von Landeshauptmann Baron Franz von Rapp) berichtet darüber:
Seine Majestät durchschritt die Abteilung und freute sich darüber. Einige Mitglieder hatten die hohe Ehre mit seiner Majestät persönlich zu sprechen, worüber sich seine Majestät mit den folgenden Worten erfreute. „Es freut mich so tapfere Männer zu sehen“.
Die erste Trauerbotschaft erreichte den Verein am 4. Jänner 1885 als das Mitglied Konrad Nagele starb. Er diente bei den Feldzügen 1848 und 1849 in Italien als Unteroffizier und rückte 1859 als Oberleutnant mit der Silzer Schützenkompanie ein. Am 7. Jänner begleiteten die Vereinsmitglieder den Veteranen zur letzten Ruhe.
Dem jungen Verein fehlte aber noch die Fahne, die durch eine Spende von seiner Majestät in Höhe von 60 Gulden (entsprechen heute einer Kaufkraft von 961 Euro) angeschafft werden konnte. Auf einer Seite der Fahne ist das Heilige Herz Jesu angedeutet, auf der anderen der Tiroler Adler. Die erste Generalversammlung wurde am 25. Mai 1885 abgehalten. Als Vorstand wurde Johann Kapeller, Wirt in Magerbach gewählt, ihm zur Seite standen sein Stellvertreter Eduard Köttner (12. Juli 1856 bis 10. Februar 1928), Chrysanth Scherer als Kassier und Johann Schöpf als Schriftführer.
Am 12. Juli 1885 fand die Fahnenweihe statt. Darüber wurde in einem Artikel vom 23. Juli 1885 in der Zeitung „Andreas Hofer“ ausführlich berichtet. Als Fahnenpatin konnte die Silzer Löwenwirtin Aloisia Zangl (Tochter des Zirler Posthalters und Wirtes Michael Niederkircher, geboren am 21. Juni 1828, gestorben am 15. Februar 1895 in Steinach bei ihrem Neffen, dem Steinbock-Wirt, Postmeister und Landtagsabgeordneten Johann Paul Cammerlander) gewonnen werden. Im Rahmen des Festes wurden der Haiminger Pfarrer Franz Schlatter, der Lehrer Alois Etschmann und der Historienmaler Josef Randolf (8. November 1847 bis 5. Juni 1931) zu Ehrenmitgliedern ernannt.
Ein weiterer Höhepunkt im Vereinsleben war die Teilnahme beim Andreas Hofer-Fest am 29. September 1893 in Innsbruck – 24 Mitglieder rückten aus, darunter neun Mann, welche bereits 1848 zu den Waffen gerufen wurden. Die Veteranen-Chronik berichtet an dieser Stelle, dass der Verein beim Festumzug auch eine Trommel dabeihatte, die 1809 in Scharnitz von den Bayern erobert wurde. Einen Tag später, am 30. September, marschierten die Veteranen aus Haiming und Roppen mit dreißig Mann samt Fahne und in Begleitung der Musikapelle durch Silz, wo Kaiser Franz Joseph mit Vorstand Johann Kapeller ein paar Worte wechselte. 1894 erhielt der Verein eine neue Trommel, die von Vereinsmitglied Thomas Raffl in Amerika gespendet wurde.
Bei der Generalversammlung von 1899 legte Vorstand Johann Kapeller sein Amt nieder, ihm folgten Chrysanth Scherer und bereits ein Jahr später Metzgermeister Josef Pirchner. Alois Götsch „Unterruaner“ wurde am 1. Juni 1903 neuer Vorstand. Einen großen Verlust erlitt der Verein durch das Ableben von Altvorstand und Gründungsmitglied Johann Kapeller, der am 24. April 1904 in Umhausen verschied.
Im Protokoll von der Jahresversammlung 1907 wird berichtet, dass die Mitgliederstärke auf 45 Mann gestiegen ist, davon werden zehn als Ehrenmänner geführt. Unter ihnen Wendelin Strigl, der sich als Priester in Amerika befand und drei Mann, die noch den 1848-er Feldzug mitgemacht haben. Dreißig Mann beteiligten sich am 9. August 1909 bei der Jahrhundertfeier in Innsbruck – der Zug dauerte volle drei Stunden und der Kaiser stand eben so lang bei der Defilierung vor der Hofburg.
Zum Bruch mit den Veteranen aus Roppen kam es im Jahr 1910. Die Roppener blieben der Generalversammlung fremd und die Haiminger beschlossen, den Schriftzug „Roppen“ auf dem Fahnenband entfernen zu lassen. Da im Protokollbuch mehrere Seiten herausgetrennt wurden, können die näheren Umstände und die weiteren Aktivitäten nicht mehr nachvollzogen werden.
In der Presse ist in den folgenden Berichten nur mehr vom Veteranenverein Haiming die Rede. So steht im Allgemeinen Tiroler Anzeiger vom 21. Mai 1913, dass der Veteranenverein Haiming seine Generalversammlung durch korporative Teilnahme am Gottesdienst, wobei von der Musikkapelle die „Deutsche Messe“ in würdiger Weise vorgetragen wurde, abgehalten hat. Nachmittags hat ein gemütliches Beisammensein im Gasthaus Magerbach stattgefunden, bei dem auch mehrere Kollegen aus Karres erschienen.
Das letzte Zeugnis von der Existenz des Veteranenvereins gibt eine Danksagung der Geschwister Stigger im Allgemeinen Tiroler Anzeiger vom 13. Dezember 1930, anlässlich des Dahinscheidens der Lehrerin Paula Stigger, bei der dem Veteranenverein Haiming gedankt wird.
(Text: Manfred Wegleiter; Fotos: Johann Zauner, Chronik Haiming)