Wie Haiming die Bombenangriffe am Ende des Hitler Krieges vor 80 Jahren erlebte
Das Schicksalsdrama am Ende der letzten Tage zum Kriegsende vor 80 Jahren in Haiming wird im Gendarmerieprotokoll dieser Zeit beschrieben. Der damalige Rayonsinspektor Emil Braito hält in seinen Schilderungen die dramatischen Ereignisse dieser Zeit fest:
16. April 1945 vormittags Bombenangriff auf die Ötztaler Achbrücke. Etwa 50 Bomben im Gewicht von 200 Kilogramm wurden von feindlichen Bomben abgeworfen. Dadurch wurde ein Teil der Bahnstrecke, etwa einen Kilometer lang, auf der Strecke Bahnhof Ötztal – Achbrücke beschädigt und der Eisenbahnverkehr vorübergehend stillgelegt.
Nachdem zu dieser Zeit mehrere Flüchtlingszüge mit den Bestimmungsorten Imst, Landeck und Vorarlberg aus Wien und Umgebung eintrafen, musste ein Pendelverkehr für diese Flüchtlinge mit hier zur Verfügung stehenden Kraftfahrzeugen zwischen Bahnhof Ötztal und Roppen aufrechterhalten werden. Zu dessen reibungsloser Durchführung herangezogen wurden die Gendarmeriebeamten des Postens Haiming. Ein solcher Flüchtlingstransport, bestehend aus etwa 500 Personen, wurde in der Gemeinde Haiming und im hierortigen Ferienheim (heute Waldkindergarten) von Transportleuten unter Mithilfe der hierortigen Gendarmerie einquartiert. Personen kamen damals durch die Bombenangriffe keine zu Schaden.
20. April 1945: Um etwa 13:00 Uhr Abwurf von etwa 150 bis 500 Kilogramm schweren feindlichen Bomben auf die Ötztaler Achbrücke, die Flugzeuge in fünf Staffeln kamen aus der Richtung Innsbruck angeflogen. Dadurch wurde an der gesamten Eisenbahnbrücke der ostwertige Seitenüberbau in Länge von 20 Meter ganz, zwei Seitenüberbaue und der Fahrtüberbau teilweise zerstört. Weiteres wurden 600 Meter Stromleitung und 400 Meter Bahngleise mittelschwer beschädigt und ein Waldbestand im Ausmaß von fünf Hektar (50.000 Quadratmeter) total zerstört. Durch den Luftdruck wurden in der Umgebung Hotel Ötztalerhof 15, Postamt 3, Westtirolerlager 15, Großverteiler Neururer 4 und bei sämtlichen Häusern in Schlierenzau 130 Fensterscheiben zerstört. Von der zu kritischer Zeit in der Nähe der Ötztaler Achbrücke beim Bahngeleise auf Arbeit befindlichen Gefolgschaftsmitgliedern der Westtiroler Kraftwerke sind folgende tödlich verunglückt beziehungsweise gefallen: Giovanni Milanese aus Cima Dolmo, Traviso, Italien, Pietro Canova aus Valdobiadene, Traviso, Italien, Mario Lavaroni aus Toreano di Cividale, Udine, Italien, Vittorio Bolzan aus Gregorio, Belluno, Italien, Giovanni Bartorti aus Belluno, Italien, Angestellte der Reichsbahn Alexander Dorow, zuletzt wohnhaft in Zirl aus Nikolajew-Ukraine, Hermann Waibel aus Killenho Würtemberg, Johann Nagele aus Roppen und Eduard Grünauernaus Haiming. Fünf weitere Verletzte wurden in das Krankenhaus eingeliefert. Die gefallenen Ausländer wurden am 25. April 1945 um 17:00 Uhr auf dem Friedhof Haiming beerdigt.
Am 01. Mai 19145 treffen 300 KZ-Häftlinge aus dem Zweiglager Dachau unter der Begleitung von einer SS-Wachmannschaft ein. Sie wurden notdürftig in Waggons im Bahnhof Ötztal untergebracht.
Am 4. Mai 1945 um 14:00 Uhr treffen die amerikanischen Besatzungstruppen in Haiming ein. Die Gendarmerie wurde entwaffnet und ihr das Tragen von Zivilkleidung angeordnet.
In dieser Zeit und einige Tage vorher fanden Plünderungen vor allem hier befindlichen Bevölkerungsschichten in den hierortigen Lagerhäusern statt. Die Gendarmerie war insbesondere gegen die Ausländer und da unbewaffnet, machtlos.
Am 18. Juni 1945 wechselte die Besatzung und es kamen Französische Truppen hierher. Noch im selben Jahre erhielt die Gendarmerie Waffen und Uniformen nach alter, bis zu 1938 bestandenen Art. Im Laufe zum Jahresende ereigneten sich mehrere größere Diebstähle, Plünderungen und Raubüberfälle, die zum Teil geklärt, zum Teil ungeklärt blieben.
Im Frühjahr 1946 nahmen die Haiminger Schüler über Ersuchen der Gemeindeverwaltung an der Wiederaufforstung der durch den Bombenabwurf kahl geschlagenen Waldes teil. Unter geschulter Anleitung des damalige Waldaufsehers Ignaz Gager mussten wir Kinder das Bombenkratergelände mit Föhrensetzlinge bepflanzen. Die heute achtzigjährigen Föhren lassen das damalige Großereignis kaum mehr erkennen.

Die Bombenkrater sind aus dieser Aufnahme aus 1950 noch gut zu erkennen.
(Text: Anton Raffl, Foto: Chronikarchiv Haiming)